Wasserstoff-Herstellung durch Elektrolyse
Revisions-Disclaimer
Ich musste feststellen, dass das Schreiben eines Blogs für mich ein iterativer Prozess ist.
Nach dem Schreiben lerne ich jeweils weiter und dies hat Einfluss auf die geschriebenen Beiträge.
Wochen oder Monate später fühle ich mich dann genötigt, den Beitrag nochmals zu überarbeiten.
Bereits im Teil 1 der Wasserstoff-Reihe habe ich dargelegt, dass der grösste Teil des Wasserstoffs auf der Erde im Wasser gebunden ist. Chemisch ist Wasser H2O, also ein Molekül bestehend aus zwei Wasserstoff-Atomen und einem Sauerstoff-Atom. Somit ist auch klar, dass wenn wir dieses Molekül aufspalten können, wir Wasserstoff und Sauerstoff erhalten.
Wieviel Wasserstoff ist im Wasser?
Trotz des Names enthält Wasser überraschend wenig Wasserstoff.
Dies liegt am geringen Gewicht von Wasserstoff. Obwohl dass das Gewicht von Atomen nicht einzeln gemessen werden kann, konnte man relative Werte ermitteln. In der Chemie wird typischerweise das Sauerstoffatom als Referenz verwendet und auf den Wert 16 gesetzt. Basierend auf dieser Referenz ist das Gewicht des Wasserstoffs 1.0078. [Quelle 1]
Mit Hilfe dieser Werte kann nun berechnet werden, wieviel Wasserstoff in reinem Wasser enthalten ist.
1. Reines Wasser besteht nur aus Wassermolekülen
2. Jedes Wassermolekül besteht seinerseits aus zwei Wasserstoff-Atomen und einem Sauerstoffatom
3. Das Sauerstoffatom ist jedoch rund 16 mal schwerer als ein Wasserstoff-Atom.
$ Prozentualer\ Anteil\ Wasserstoff\ =\ 100\%\ x\ \dfrac{2\ x\ 1.0078}{ (\ 2\ x\ 1.0078\ )\ +\ 16} =\ 11.19\% $
Der Anteil von Wasserstoff an Wasser beträgt also nur rund 11.2% oder anders formuliert, um 1kg Wasserstoff zu erhalten müssen rund 9kg reinstes H2O verarbeitet werden. Das Nebenprodukt Sauerstoff kann einfach in die Atmosphäre entlassen werden.
Als zusätzliche Schwierigkeit kommt nun aber hinzu, dass Wasser ein ausgezeichnetes Lösungsmittel ist. Unser Wasser ist eigentlich nie reines H2O , selbst bestes Süsswasser nicht!
Als einfachstes Beispiel wäre Meerwasser zu nennen, wo zum einen Salz und zum anderen viele weitere Stoffe im Wasser gelöst sind. Dieses Wasser ist somit natürlich kein reines H2O mehr und entsprechend nimmt im Verhältnis der Anteil des Wasserstoffs noch weiter ab.
Entsprechend muss das Wasser zuerst aufbereitet werden, bevor es zur Produktion von Wasserstoff genutzt werden kann. Je nach Wasserqualität werden dann bis zu 30kg Rohwasser benötigt um 1kg Wasserstoff herzustellen. [Quelle 2].
Wieviel Energie wird zur Spaltung von Wasser benötigt.
Gemäss Joanneum Research wird zur Erzeugung von 1kg Wasserstoff aus reinem Wasser (wie zuvor gelernt, 9kg reinstes H2O ) eine Energiemenge von 145MJ benötigt. [Quelle 3]
Um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, rechne ich in diesen Beiträgen immer mit Kilowattstunden (kWh) und daher muss dieser Joule-Wert zuerst mal umgerechnet werden.
1kWh entspricht 3.6 MJ [Quelle 4], entsprechend ist die Umrechnung wie folgt:
$ Energieaufwand\ zur\ Wasserspaltung\ =\ \dfrac{145MJ}{3.6MJ/kWh} =\ 40.28kWh $
Gerundet kann man sagen, dass also zur Gewinnung eines Kilogramm Wasserstoffes aus Wasser rund 40kWh Energie notwendig sind. Wo diese Energie herkommt, ist in diesem Moment unerheblich – dies könnte thermische Energie oder elektrische Energie sein. Wir müssen aber hier schon mal festhalten, dass zur Trennung der Wasserstoff- und Sauerstoff-Atome im Wasser auf der atomaren Ebene 40kWh Energie notwendig sind!
Ein erster Dämpfer für die Wasserstoff-Visionen ist nun aber, dass ein Kilogramm Wasserstoff einen Energieinhalt von 33kWh aufweist. [Quelle 5]
Setze ich die Werte der eingesetzten Energie ins Verhältnis zu Energie im Endprodukt, lässt sich berechnen wie Effektiv diese Umwandlung ist.
$ Effektivität\ Elektrolyse\ =\ 100\%\ x\ \dfrac{33kWh}{40.28kWh} =\ 81.93\% $
Die Effizienz der Elektrolyse liegt rein chemisch also bei etwa 82%.
Besser wird diese Effizienz nie werden!
Aber Achtung! Diesen Wert sollte man aber nicht mit dem Wirkungsgrad von Elektrolyseuren verwechseln.
Wirkungsgrad von Elektrolyseuren
Es gibt immer wieder Meldungen, dass der Wirkungsgrad der Elektrolyse neue Rekordwerte erreicht habe. Ein Beispiel wäre die folgende Schlagzeile.
Zitat Edison Media [Quelle 6]:
Effizienz-Durchbruch bei Wasserstoff-Elektrolyse
Australischen Forschern gelingt der Durchbruch bei der Effizienz von Herstellung von Wasserstoff. Ihre Elektrolyse hat einen Wirkungsgrad von 98 Prozent.
Das klingt phantastisch, aber eigentlich kann der Wirkungsgrad doch gar nicht besser sein als 82%! Wie kommen also die 98% zustande?
Nun, dazu muss man genauer hinschauen, was verglichen wurde.
Liest man den Artikel genauer erkennt man sehr schnell, wo die Ursache liegt.
Es handelt sich nicht um das Verhältnis der hineingesteckten Energie zur resultierenden Energie im Wasserstoff; es handelt sich um das Verhältnis der hineingesteckten Energie zu den benötigten rund 40kWh, welche zum Spalten der Wasserstoffmoleküle benötigt werden.
Leider ist ein Wert von 98% heute nicht in der Praxis realisierbar. Es handelt sich nach wie vor um Forschungs-Ergebnisse. Mit welcher Effektivität kann nun im Alltag für Elektrolyseure erziehlt werden?
Leider ist dies als Laie kaum und als genereller Wert schon gar nicht zu beziffern.
Die Suche im Internet hat sehr viele unterschiedliche Werte zu Tage gefördert – diese Werte fangen bei ca. 60% an und steigen bis zu den erwähnten 98%.
Welchen Wirkungsgrad hat die Elektrolyse als Gesamtsystem?
Leider ist auch diese Aussage nicht viel einfacher.
Wir wissen, dass der Gesamtwirkungsgrad nicht besser sein kann, als seine einzelnen Bestandteile.
Ein Bestandteil liegt bei den 82% Effektivität, also kann es nicht besser als 82% werden.
Der genaue Wirkungsgrad hängt dabei aber von sehr vielen verschiedenen Dingen ab.
Es gibt sehr unterschiedliche Verfahren der Elektrolyse. Die einen arbeiten mit sehr hohen Temperaturen, führen also einen Teil der benötigten Energie als Wärme und nicht als Strom zu. Andere Verfahren fügen dem Wasser weitere Stoffe zu, welche die Leitfähigkeit verändern. Wieder andere Verfahren nutzen bestimmte Konstruktionen, welche die Elektrolyse beeinflussen. Dann kann man dies alles auch untereinander kombinieren oder man nutzt die anfallende Wärme für weitere Systeme und kann so den Gesamtwirkungsgrad der Anlagen erhöhen. Und auch ganz häufig wird der Wirkungsgrad auch direkt mit dem Verlust der chemischen Umwandlung mit eingerechnet.
Aber wenn man einen sehr effektiven Weg zur Elektrolyse gefunden hat, wieso nutzt man diesen Weg nicht immer und überall? Nunja, jedes Verfahren hat seine Vor- und Nachteile!
Ein Verfahren hat vielleicht einen sehr hohen Wirkungsgrad, muss aber konstant und tagelang laufen um diesen Wirkungsgrad zu erreichen. Andere können besser auf wechselenden Strom reagieren, haben aber andere Nachteile, usw.
Ein allgemein gültiger und auch nur annähernd genauer Wert lässt sich für mich nicht ermitteln, so müssen wir wohl mit einer Bereichsangabe vorlieb nehmen. Ein Bereich von 60% bis 70% Wirkungsgrad, welcher das Unternehmen SFC Energy angibt [Quelle 7], ein Unternehmen das Brennstoffzellen anbietet, scheint weder über- noch untertrieben zu sein.
Quellen:
[1] https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-7091-7793-8_7
[2] https://www.tga-fachplaner.de/energietechnik/energietraeger-wasserstoff-wie-viel-wasser-wird-dafuer-benoetigt
[3] https://www.joanneum.at/fileadmin/user_upload/H2_Broschuere_final_2009.pdf
[4] https://www.verivox.de/strom/themen/joule/
[5] https://www.dihk.de/resource/blob/24872/fd2c89df9484cf912199041a9587a3d6/dihk-faktenpapier-wasserstoff-data.pdf
[6] https://edison.media/energie/effizienz-durchbruch-bei-wasserstoff-elektrolyse/25229279/
[7] https://www.sfc.com/glossar/wirkungsgrad-der-brennstoffzelle
Beitragsbild von PublicDomainPictures auf Pixabay
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