Wasserstoff aus der Wüste
Im Artikel „Farbiger Wasserstoff“ haben wir uns die unterschiedlichen Quellen von Wasserstoff angeschaut. Logischerweise überlegen sich viele Leute bereits heute, wie wir weg vom grauen Wasserstoff kommen und mehr grünen Wasserstoff bekommen.
Für grünen Wasserstoff braucht es ja erneuerbare Energien – und da wir sehr viel Wasserstoff brauchen, brauchen wir auch sehr viel erneuerbare Energie. Bei erneuerbarer Energie liegt natürlich Sonnenenergie auf der Hand. Photovoltaik-Anlagen funktionieren in südlicheren Gefielden deutlich effektiver als bei uns im doch eher nördlich gelegenen Europa.
Daher wird immer wieder vorgeschlagen, dass man doch zum Beispiel in der Sahara grosse PV-Anlagen aufgebaut werden sollen, da diese dort zirka das Doppelte an elektrischem Strom produzieren könnten. Das könnte man sicher tun und es wäre wohl tatsächlich deutlich effektiver dort Strom zu produzieren.
Aber, leider hat die Sache mehr als nur einen Hacken!
Im Folgenden möchte ich auf einige der Probleme eingehen, wobei die Liste sicher nicht abschliessend sein wird.
Einheimische Bevölkerung
Es scheint mir etwas vermessen, dass wir hier in Europa einfach mal so dahin sagen, dass „die da“ ihre Landschaft mit PV-Anlagen und Windrädern zustellen sollen, weil wir dies bei uns nicht wollen.
Ja sicher, da wohnen mehr oder weniger niemand und die Effektivität ist dort in der Tat deutlich besser – trotzdem sollte man sich doch überlegen, ob man nicht vorher fragen sollte. Auch wenn die Gegenden über die diskutiert wird, sehr spärlich bewohnt sind, so sind sie doch nicht leer. Und sie sind auch nicht Niemandsland. Wir können uns im 21. Jahrhundert ja nicht mehr aufführen wie Kollonialisten.
Politische Stabilität
Nehmen wir einmal an, dass wir das Einverständnis bekommen – ok, wo bauen wir dann unsere Anlagen genau? Ohne jetzt diese Länder angreifen zu wollen, so muss man doch feststellen, dass eigentlich all diese Länder alles andere als politisch stabil sind. Ja, und dass teilweise auch auf Grund der Politik von westlichen Ländern – ändert aber nichts an der Tatsache.
Und damit zusammenhängend darf man auch hinterfragen, ob dann immer alle Verträge eingehalten werden oder ob irgendwann die lokalen Regierungen lokale Bedürfnisse in den Vordergrund stellen werden.
Strom nach Europa liefern?
Den produzierten Strom könnten wir also in Europa gut brauchen – also schicken wir den Strom nach Europa. Naja … so einfach wird es leider nicht!
Als Beispiel habe ich die Distanz zwischen der südalgerischen Wüste und Zürich mit 3’000 km Luftlinie gemessen – eine realistische Stromleitung hätte sicher weit über 4’000 oder gar 5’000 km Länge.
Strom über eine solche Distanz zu übertragen bringt jedoch hohe Verluste mit sich.
Wohl gemerkt, mittels Höchstspannungs-Gleichstrom lassen sich die Verluste gegenüber Wechselstrom-Hochspannungsleitungen deutlich verringern. Trotzdem weisst eine derartige Leitung zwischen Norwegen und Holland auf 580 km Distanz einen Verlust von 3.7% auf. Man kann sich ausrechnen, dass die Verluste auf 5’000 km stark addieren.
Ok, dann halt Wasserstoff?
Und so kommen wir zurück zum Artikelanfang.
Wenn wir Strom realistisch nicht aus der Sahara nach Europa bringen können, können wir mit dessen Hilfe Wasserstoff erzeugen und dann diesen nach Europa bringen?
Auch dies Unterfangen könnte schwierig werden, denn pro Kilogramm Wasserstoff werden mindestens 9 Kilogramm Reinstwasser benötigt – die Sahara ist aber eine Wüste.
Will man Wasser vom Mittelmeer mittels Entsalzungsanlage gewinnen, so muss man mit über 22 Kilogramm Wasser pro Kilogramm Wasserstoff rechnen.
Auch müsste der Wasserstoff transportiert werden und dazu muss wiederum Aufwand getrieben werden. Diesen Aufwand muss man auch als eine Art Verlust betrachten – egal ob man den Wasserstoff durch Pipelines pumpt oder mit Schiffen oder LKWs transportiert.
Fazit:
Eigentlich finde ich die Stomproduktion in der Wüste eine gute Idee – aber eher weniger um unsere Energieprobleme zu lösen. Eher um den Staaten in den Bereichen eine Möglichkeit zu geben sich zu entwickeln.
Unsere eigenen Energieprobleme werden wir selber lösen müssen und die Produktion von Wasserstoff vor Ort ist vermutlich tatsächlich effektiver, selbst bei weniger Sonneneinstrahlung, als ihn über Kontinente zu transportieren.
Quellen:
– https://www.bundestag.de/resource/blob/190702/2728340e1835bac972eaa07bc4b2e2ca/hochspannungs-gleichstrom-uebertragung-data.pdf
– https://www.tga-fachplaner.de/energietechnik/energietraeger-wasserstoff-wie-viel-wasser-wird-dafuer-benoetigt#:~:text=Um%201%20kg%20Wasserstoff%20durch,9%20kg%20Wasser*)%20erforderlich.
– Beitragsbild von Pezibear auf Pixabay
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